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Christian Maria Seitelberger,                        

Perg, Okt.2000/2006

Mein Rückblick – oder auch:

Warum man nur ein Musikstück pro Jahr schreiben sollte.

(Vorgetragen während eines BigBand Concertes zu Perg die Gelegenheit nutzend, mein Randzonenkünstlertum öffentlich darzustellen)

Wenn mir nicht schon in die Wiege die ganze verrückte Sache mit den Noten gelegt wurde, dann erweckte zumindest dieses Holztrumm dort  -hoch oben in der Ecke - meine Faszination.

Das schummrige Dorfgasthaus meines Heimatortes in Großhollenstein an der Ybbs (Niederösterreich) bot an vielen Sonntagen meiner Familie dort in der Ecke den Stammtisch zu Mittag.

Mein Opa war immer schon da, als meine Eltern, meine Schwester und ich dort eintrafen.

Erst sehr viel später erfuhr ich, was damit gemeint war,  nämlich dass - so wie man mir erzählte  -  der Opa immer in die 11-Uhr Messe ging, wo ich doch in die 9-Uhr Messe oder sogar in die 7-Uhr-Messe gehen musste und nie mit dem Opa erst in die 11-Uhr-Messe gehen durfte ...

Sollte ich zu dieser meiner Zeit wissen, wo überall noch Messen abgehalten werden, außer in der Kirche?     ---    Aber das ist eine andere Geschichte.

Dort in der Ecke musste ich also schön brav sitzen, das Holztrumm über mir, für mich nur auf der Bank auf den Zehenspitzen stehend erreichbar, und auch nur dann, wenn die Aufmerksamkeit meiner Familienmitglieder mir gegenüber nachließ.

In mir mussten sie ungeheures Potential gewähnt haben, denn sie hatten gemäß meinen Beobachtungen schon damals Angst, ich würde meinen ersten Meilenstein als Musikstar setzen und etwa gleich hier im Dorfgasthaus einen abrocken, um sie zur Verbannung aus dem schönen Heimatdorf zu lenken?

Das Holztrumm hatte ein geheimnisvolles, schwarzes Loch und es gab Laut, wenn ich es an den Schnüren zog oder es anbrüllte. Das Interesse wuchs.

Weit später, zu Gymnasiums- und Internatszeiten gab´s dann alle möglichen Instrumente zu probieren. Von Kirchenorgel (dort hatte man allerdings keine 11-Uhr-Messe ... ) bis zur Baßtuba des Studentenorchesters, vom Kontrabaß über des Waldes Horn bis zur Querflöte. Alles musste getestet werden. Und sogar Gesangsstunden und beinahe alltägliche Choräle in ministralem Gewande waren an der Reihe, wohl um zu lernen, das Maul ordentlich aufzureißen    

----  aber ---

Aber da war auch ein Radio ...    Sie ahnen schon ---  ein richtiges, echtes Radio mit Stoff vorne, in einer Holzkiste drinnen, schmalen goldenen Rähmchen und so einer grünen Wackelbirne, die anzeigen sollte, wann ein Sender richtig gepeilt war.

Und es hatte auch ein schwarzes Loch, diesmal aber hinter dem beigen, vibrierenden Stoff, wo es auch hervorbrüllte. Und es stand auch hoch oben auf einem Regal.

Radio Luxemburg war DER Renner, der aufregendste Sender.

Da gab es Beatles, Rolling Stones, The Shadows, The Beachboys, und was weiß ich, was alles sonst noch verboten war  ...          total     Cola - Fanta - Super.

Auf einem Stuhl stehend, ganz klamm das Ohr am Lautsprecher, die Musik aus dem gewaltigen Hintergrundrauschen filternd, sog ich gemeinsam mit 2 oder 3 auch so verrückten Kumpanen die Töne aus dem Radio.

Die linke Hand am schon mehrmals geleimten Gitarrenhals, die rechte am Sendersucher, um die Wackelbirne in einem wohlgesonnenen Zustand, sprich: besten Empfang, zu halten.

Es gab ja keine gedruckten Noten. Wer hätte schon das ganze Zeug auch aufschreiben können,  ---   sollen  oder gar wollen ? Also, die Ohren auf und GO ...

Zament, war das aufregend.

Immer neue Songs: My Baby Bala Bala,  Sloopy Hang On, The Bachelor Boy,  A Hard Days Night,  Jumping Jack Flash,   No milk today,  ........

..... und klar ..... die erste Stiftsband „The Travellers“ war gegründet.

Mit E – Gitarre, E -- Bass, E – Gesang -- Eh klar: Nur  moderne Sachen sind coole Sachen. Wir fühlten uns damals schon verdammt trashy.

Eingetaucht in das Reich der Klänge, Töne und Rhythmen überlebte ich heil Matura und die anschließende, von mir immer schon begehrte  Elektronikausbildung.  Mussten doch Verstärker, Effektgeräte und ganze Bandausrüstungen selbst gefertigt werden.

Es folgten zahlreiche Bandformationen, wobei ich immer Bedacht darauf nahm, selbst zu komponieren und arrangieren.

Ich spielte auch Tanzmusik mit den „Alpha Centaur“, sang im Chor, quälte meine Mitmusikanten, weil mir immer alles zu langsam ging.

Als ich von Al Cook, einem waschechten Profi und Ur-Grundbluesmusiker in seine Band engagiert wurde,
nebenbei längst den Jazz samt seinen Gründern liebte,
am Brucknerkonservatorium das Fach  „Jazzensemble“ bei Adelhard Roidinger absolvierte,
die eigene Band betrieb,
dann auch noch klassische Gitarre nachholen wollte -
und das alles neben meinem intensiven Technikerjob –

wurde es langsam zu viel.

Ich erwog, den ernsthaften Musikerjob nicht zu gehen.

Ich zog es vor, meine Projekte zu strecken,  Freude an der Musik zu haben.

Spielte in BigBands (die erste war die in St. Georgen an der Gusen, dann die Josef Haimel BigBand hier in Perg, später die großangelegte Bachner-BigBand in St. Georgen im Attergau), nahm mit meinem Power-Trio „Cocbit“ meine erste eigene Langspielplatte auf, gefolgt von intensiver Arbeit mit meinem liebsten Musikerfreund Helmut Schönleitner in der Band „Helicopters“.

Dann übte ich wieder die Schnüre auf meiner Lochgitarre zu zupfen, um mit Winfried Hackl die Band „Anonimus“ auf die Bühne zu bringen und CD´s aufzunehmen.

Zur Zeit mache ich mich rar, widme mich meiner Familie hier in Perg, liebe die Musik, die vom Herzen kommt, die unfassbare Natur bei jeder Wetterlage und wenn die Späne in der Werkstatt fliegen.  

Ich liebe es nicht, den Rasen zu mähen, wenn ich mich bei den Hausübungen meiner Kinder nicht auskenne oder wenn mein Computer unwiederbringlich mitten unter einer Notenpartitur abstürzt.

Heute (Nov. 2000) darf ich mich freuen über die Einladung meines Nachbarn Gottfried Haimel, in seiner BigBand zu spielen, und habe als Dankeschön so ein abgestürztes Stück mitgebracht.

Passend zur nahenden Nikolauszeit, denn die Kramperl sind jetzt schon dabei, ihre Butten von den Resten der im Vorjahr eingefangenen bösen Eltern  sauber zu machen ..........

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Juni 2006

Dies schrieb ich im Jahre 2000 zum Zwecke einer Vorstellung meiner musikalischen Person innerhalb des genannten Konzertes. 

Nun, mittlererweile sind ja wieder ein paar Jährchen vergangen. Manchmal denk ich, geht mir die Musik, die uns so ständig umgibt, voll auf den Wecker. Ich kann ’s nicht mehr hören.

Umsomehr ein Grund, mit dem Eigenen weiterzumachen. 2 aktive Projekte sind ein paar mal jährlich in Aktion.

cms_Report, ein Jazz-Quartett, gründete ich 2001, um die mittlere Schaffenspause mit CD-Produktion und Konzertauftritten abzubrechen. Hierin liegt mein besonderes Herz, entstammen doch die Stücke aus Stimmungen und Situationen komischer, skurriler, aber auch ernster Natur in meiner Gedankenwelt.

Cyberfunk, ein very funky Quintett, ebenso live on stage ab 2006, entstand aus einer humorvollen Zusammenarbeit mit meinem Freund, Tasten- und Soundmeister Robert Völk.

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